In dieser staubigen Straße hatte ich Silvester 2004 in Badelatschen durchgetanzt und mir Blasen am großen Zeh geholt. Und nun war ich wieder da. Am Ende der Strandpromenade stand immer noch das Casa Bambu. Ich spazierte durch das Holztürchen in den Garten. Der Wachmann saß einsam an einem der Tische im Sand und las in der Bibel. Die Küche war noch geschlossen, und ich legte mich in eine Hängematte zwischen die Palmen, mit Blick auf den Zaun aus Pflanzen, auf das Meer und die Steilküste am Ende der langgestreckten Bucht. Und sofort war es wieder da. Dieses Gefühl, ich müsste aus dieser Hängematte nie wieder aufstehen. Dass plötzlich alles gut ist.
Dabei war die Anreise gar nicht so gut gewesen. Ich hatte mich in Quito am Vorabend um neun in den Bus gesetzt und war trotz des Lärms aus der Musikanlage, der kreischenden Babys und des Motorbrummens augenblicklich eingeschlafen. Als ich wieder aufwachte, war es immer noch finster, aber die Schwüle trieb mir den Schweiß unter T-Shirt, Pullover, Jacke, Halstuch und Regenjacke hervor. 2800 Meter Höhenunterschied machen sich bemerkbar. Und als ich die Brille aufsetzte und meinen schmerzenden Hals wendete, sah ich: Der Bus war halbleer.
Verschlafen stolperte ich zum Fahrerhäuschen. Der Ticketabreißer grinste mich an. „An San Vincente sind wir schon lang vorbei.“ Ich tastete mich zu meinem Platz zurück, zog all das überflüssige Zeugs aus, stopfte es in meinen kleinen Rucksack, da winkte der Ticketabreißer vorne hektisch. Ich stolperte zurück. „Hol Dein Gepäck und setz Dich hier neben den Fahrer. Wenn der Bus aus der Gegenrichtung kommt, kannst Du wechseln.“
Da saß ich also. Mit einer Knoblauchfahne vom Vorabend, wirren Haaren, Hunger und Durst, meinem Rucksack auf dem Schoß, auf einer Liegepritsche nebem dem Fahrer. Der dirigierte mit nacktem Oberkörper, einer Zigarette im Mund und ausladenden Bewegungen das Lenkrad, um den Bus in der Dunkelheit um die Schlaglöcher herum durch die kurvige und enge Sandpiste zwischen den grünen Hügeln zu lenken. Und freute sich über Unterhaltung. Eine halbe Stunde lang schaukelten wir an schlecht erleuchteten Baracken, Bauern auf Eseln und kleinen Grüppchen an hölzernen Haltestellen vorbei, vor denen große Säcke standen. Ich hatte schon erklärt, wer ich bin, dass ich nicht heiraten will und auch nicht meine Telefonnummer hergebe. Da kam Gegenverkehr. Endlich, der andere Bus - und nichts wie raus. Eine Stunde dauerte es bis San Vincente zurück, dann noch eine halbe Stunde im Lokalbus. Und dann lag ich in der Hängematte.
Canoa war Canoa: Hängematte, ein bisschen Strandspaziergang, Schwimmen, Camarones in Kokossoße, gegrillter Fisch, Cebiche, Happy Hour um fünf, Sternenhimmel. Und Quatschen mit Debora, die zwischen Bogota und Buenos Aires eine zehntägige Stippvisite in Ecuador eingelegt hatte und schon einen Tag früher angereist war. Was will man eigentlich mehr?
Na ja, das nächste Mal würde ich mir gerne die Rückfahrt im Nachtbus ersparen. „Das war die schrecklichste Busfahrt, die ich je gemacht habe“, sagte Debora, als wir Montagmorgen übernächtigt am Bahnhof in Quito wieder ausstiegen. Und Debora ist hartgesottene Südamerika-Busfahrerin. Abhilfe? Fiele mir schon ein: einfach dortbleiben.