Donnerstag, 24. Dezember 2009

Heilige Nacht!

Gudruns Geschenk - ein Lyrikkalender - war letztlich schuld daran, dass unser Weihnachten bis morgens um vier Uhr dauerte . . .



Mittwoch, 23. Dezember 2009

¡Feliz Navidad!


Montag, 21. Dezember 2009

Lo que mata, es la humedad


Die Freude über die abgesagte Reise nach Rurrenabaque im Departamento Beni währte nicht lange. Statt Montagmorgen flog ich Freitagmorgen. In der 30 Minuten entfernten Provinzhauptstadt Reyes weihten wir das neue Büro der Defensoría del Pueblo ein, wo sich Kollege Daniel Bogado jetzt um die Landkonflikte kümmern soll. Ich kriegte es sogar hin, in Vertretung des DED ohne Zettel ein paar formelle Worte vor Subpräfekt, Gemeinderatspräsident, Militärkommandeur und anderen Autoritäten zu sprechen. Dann gingen wir Mittagessen. Und während meine Kollegen wieder heimkehrten, blieb ich mit einem Freund, der mich begleitet hatte, in Rurrenabaque. Kurzurlaub sozusagen.





Es begann ganz entspannt am Hotelpool auf einem Hügel mit Blick auf den Fluss Beni, der später mal in den Amazonas mündet. Entspannt, bis es zu schiffen begann Freitagnacht, und fünf Tage lang kein Flug mehr rausging. "Lo que mata es la humedad y hoy hace un tiempo de mierda", heißt es in einem Lied. "Es ist die Feuchtigkeit, die einen umbringt, und heute ist ein Scheißwetter."
Einen Tag lang verbrachten wir damit, die Rückreise zu organisieren. Rannten auf den schlammigen Straßen von Rurrenabaque zwischen dem Büro der Fluglinie, mehreren Reiseagenturen und dem Busbahnhof hin und her. Im Bus sind es 20 Stunden, im 4x4 15 Stunden nach La Paz. Wir schafften es in zehn, in der Nacht von Sonntag auf Montag, in drei verschiedenen Sammeltaxis. Wie Pferdewechsel zu Zeiten der Inkas. Hatten uns zwei Bolivianern angeschlossen, die wahrscheinlich illegal Edelhölzer verhökern, und uns die Fahrtkosten auslegten, als uns dann mitten auf der Strecke in der Nacht das Geld ausging. Um drei Uhr morgens kamen wir an.
Eigentlich war´s ganz schön. Also hinterher. Muss ich aber nicht jede Woche haben, so eine Rückreise.



Samstag, 12. Dezember 2009

Auf Achse

Gerade eben hat mein Chef Gonzalo angerufen. Ich solle meinen Flug am Montag stornieren. Wegen des starken Regens komme Selva, die Chefin aus dem Beni, auf dem Landweg nicht durch nach Rurrenabaque, die Eröffnung des Büros dort müsse verschoben werden.

Mir fielen viele viele Steine vom Herzen. Nicht nur, dass ich mal wieder zur Unzeit hätte aufstehen müssen. Nein, es wäre die zehnte Reise innerhalb von drei Monaten gewesen. Ich war seit September ununterbrochen auf Achse gewesen - und das wurde jetzt selbst mir zuviel.

Manche Reisen verlaufen unspektakulär. Da waren zum Beispiel vier Flüge nach Santa Cruz. Die absolviere ich inzwischen, als würde ich in die S-Bahn nach Ebersberg einsteigen. Die Fahrt nach Oruro hingegen war nicht uninteressant, ich lernte sämtliche Gebrauchtwagenmärkte der Gegend kennen, weil mein Chef gerade eine Auto kaufen wollte. Ein Kongress in Quito erlaubte mir, meine Ex-Kollegen aus Ecuador wiederzusehen. Und eine Urlaubswoche mit Wastl in den Yungas war ausgesprochen erholsam. Aber da gab es auch die Rückfahrt von der Dienstreise nach Camiri und einen privaten Besuch in Apolo.

Camiri ist ein kleines Nest im Chaco Chuquisaqueño mit einer Fakultät für Erdöl- und Bergbauingenieure. Weil die geschlossen werden sollte, blockierten die Studenten die Brücke am Ortseingang. Es war schon dunkel, als wir uns nach Santa Cruz aufmachten und die beiden Flussarme mit dem Jeep durchqueren wollten. Den ersten schafften wir ohne Probleme, am zweiten gab es Stau. Zwei Laster und ein Panoramabus hingen am anderen Ufer fest, kein Durchkommen. Nach einer halben Stunden drehten wir um - und setzten prompt im ersten Flussarm auf einer Steinplatte auf.

Zwei Stunden dauerte es, bis uns ein Typ mit Brechstange und ein anderer mit Lastwagen befreit hatten. Ich ging erstmal mit den Kollegen Pizza essen und dann machte ich mich alleine auf den Weg. Ich hatte anderntags morgens um sieben meinen Flug von Santa Cruz nach La Paz, den ich unter keinen Umständen verpassen wollte.

Fuhr mit dem Taxi bis zur Brücke, die die Studenten mit Steinen und angezündeten Autoreifen sperrten. Rollte mein kleines Köfferchen im Dunkeln an den feiernden Jugendlichen vorbei. Auf der anderen Seite warteten Sammeltaxis. Ich war die zweite Passagierin, fehlten noch drei weitere bis zur Abfahrt. Die Strecke bis Santa Cruz wäre in fünf Stunden erledigt, es war aber erst elf Uhr nachts. Was um Himmels willen würde ich dann um vier Uhr morgens in Santa Cruz machen?

Ich beschloss, bis eins zu warten, damit ich pünktlich zum Check-in am Flughafen ankäme. Wenn bis dahin nicht genügend Passagiere zusammen waren, könnte ich immer noch die leeren Plätze bezahlen oder versuchen, in einem Bus unterzukommen. Ich packte mich also ins Taxi, setzte meinen Walkmann auf und schlief erstmal ne Runde.

Um zwölf weckte mich der Taxifahrer. Einen halben Kilometer weiter die Straße hinab würde gleich ein Bus nach Santa Cruz abfahren, die andere Passagierin würde dort nun ihr Glück versuchen, er wolle mir nicht schaden, ich solle doch mit der Frau mitlaufen. Das tat ich dann auch.

Die Frau verlor ich auf dem Weg, im Bus war kein Sitz mehr frei, ich kriegte einen Platz im Gang. Aufruhr unter den Passagieren, als mir der Fahrer den vollen Preis abknöpfen wollte. Aber was soll´s. Ich legte mich zwischen die Füße der anderen, setzte meine Walkman auf und schlief bis kurz vor Santa Cruz durch. Da war mir ein schlaftrunkener Passagier auf den Bauch gestiegen. Vom Busbahnhof nahm ich ein Taxi zum Flughafen, checkte ein, putzte mir auf dem Klo die Zähne und flog heim, wo ich mich erstmal wieder ins Bett legte.

Zwei Wochen später Apolo. Das ist ein kleines Nest im Norden des Departamentos La Paz. Eigentlich nicht weit weg. Bis weit in die achtziger Jahre aber war der Ort nur mit Sportflugzeugen zu erreichen. Inzwischen gibt es eine Straße, im Bus sind es zwölf Stunden. Die Fahrt ist spektakulär: Hinauf nach El Alto, auf dem Altiplano den Titicacasee entlang, bis nach sechs Stunden eine 1500 Meter tiefe Schlucht erreicht ist, deren Grund nicht zu sehen ist. Kurz vor dem Grund, auf einem vorspringenden Felsplateau, liegt der malerische Heiler-Ort Charazani. An dem vorbei führt der Weg bis zum Fluss hinunter, dem er dann nochmal fünf Stunden durch die Berge folgt, bis sich kurz vor Apolo eine Ebene öffnet.

Die Ebene sah ich nur noch im Dunkeln, ich kam mit vier Stunden Verspätung an. Wegen der starken Regenfälle hatte sich einer der Zuflüsse aus den Bergen so aufgestaut, dass es vier Stunden dauerte, bis die Passagiere eine Furt aufgeschüttet hatten, unser Bus auf abenteuerliche Weise durch die Wasserflut geschaukelt war und der Fahrer geholfen hatte, die beiden Busse, die bereits zwei Tage zuvor stecken geblieben waren, zu befreien.

Die Rückfahrt dauerte dann nochmal eine Stunde länger, also 17 Stunden. Um fünf Uhr nachmittags brachen wir auf. Schon bei Einbruch der Dunkelheit stoppten wir am ersten Erdrutsch. Später hielt uns die Drogenfahndung auf und entdeckte einen Sack Coca-Blätter ohne Eigentümer im Laderaum, dann machten die Zollfahnder Ärger, schließlich hielt der Fahrer an jedem Gartentürl, um noch mehr Passagiere einzuladen, und ganz am Schluss brauchte es dann doch noch eine Pinkelpause. Statt um fünf Uhr morgens war ich um zehn wieder in La Paz.

Schlechten Gewissens wegen der verspäteten Rückkehr aus meiner dreitägigen Kurzurlaubsreise nahm ich direkt ein Taxi ins Büro. Und da stand ich dann verlegen vor meinem Chef, mit verlegten Haaren, schlammverkrusteten Schuhen und dreckigen Jeans. Er lachte herzlich, wir hielten einen kurzen Plausch über die Unmöglichkeit des Reisens in der Regenzeit, und dann schickte er mich erstmal zum Duschen nach Hause.

In Bolivien muss man immer auf alles gefasst sein. Auch auf so was.

Sonntag, 6. Dezember 2009

De nuevo Evo



Dass Evo Morales die Präsidentenwahlen gewinnen würde, war klar. Seine Gegner waren nicht enrst zu nehmen: Entweder sitzen sie im Gefängnis oder sie stehen unter Anklage oder zumindest unter Korruptionsverdacht oder sie sind einfach nur unbedeutend. Die einzig spannende Frage vor den Wahlen war: Würde Evo Morales mit seiner Bewegung zum Sozialismus in den zwei Kammern des Parlaments die Zweidrittelmehrheit erhalten, die für Verfassungsänderungen und andere wichtige Entscheidungen notwendig ist?

Nun, im Senat hat er es geschafft, und im Abgeordnetenhaus kam die MAS auf sagenhafte 63 Prozent. Selbst von einer wirklichen Polarisierung im Land kann man nicht mehr sprechen: Evo gewann in sechs von neun Departamentos die Mehrheit. Und wenn ich demnächst wieder einmal in La Paz in einen Minibus steige, weiß ich, dass acht von zehn Fahrgästen Evo-Anhänger sind. Hier nämlich erreichte der ehemalige Cocabauern-Anführer fast 80 Prozent.

Auch für die Defensoría del Pueblo gingen die Wahlen eigentlich gut aus: Die ehemalige Defensora del Pueblo, Ana Maria Romero de Campero, und der ehemalige Defensor de Potosí, Eduardo Maldonado, wurden für die MAS in den Senat gewählt. Nun hofft die Institution auf die beiden Fürsprecher, wenn es um die Besetzung des Chefsessels und die Ausarbeitung des neuen Gesetzes über die Defensoría del Pueblo geht.

Foto: Wastl