Montag, 27. Oktober 2008

Che Kolumbus



Cocatee und Humintas (so eine trockene Maiskäsemasse in Maisblättern) mit Kollegin Verena und ihrem Mann Lorenz im Café „Kolumbus“ mit dem toten Che an der Wand.

Gesundes Bolivien

Hab` ich eigentlich schon mal gesagt, dass ich in Bolivien meine Yogastunden fortsetzen möchte?

Samstag, 25. Oktober 2008

Fruchtbare Höhen

Wer wie ich gedacht hat, auf 3500 bis 4500 Metern wächst nichts, darf sich an meinen Blumenbildern erfreuen, aufgenommen im Garten der Übergangsherberge, in der ich gerade untergekommen bin.


























Freitag, 24. Oktober 2008

Selbstdarstellung

Wenn man für Führerschein, bolivianischen Ausweis und allerlei anderen Papierkram sieben Passfotos in den Maßen drei mal drei Zentimeter mit rotem Hintergrund braucht und deshalb in ein Fotostudio geht, kann man auch etwas über das Land lernen: Dass Bolivianer vor der Kamera offenbar nicht gerne lachen – und eine sehr eigene Ästhetik haben.




Donnerstag, 23. Oktober 2008

La Paz in Bildern


La Paz vom Hochplateau von El Alto aus

Altstadtstraße



Altstadtstraße bei Nacht



Morgennebel





Mit Kollegin Verena und ihrem Mann Lorenz auf einem Aussichtspunkt über der Stadt



















Der 6439 Meter hohe Illimani, der an schönen Tagen in La Paz zu sehen ist






Je weiter man in dem Tal hinabfährt, desto reicher wird die Gegend: Blick in die südliche Zone von La Paz, wo der DED sein Büro hat.





Mittwoch, 22. Oktober 2008

Wahrheiten am Straßenrand



„Das Leben ist kurz. Genieß es!“

Dienstag, 21. Oktober 2008

Ein historischer Moment









Im Taxiradio sang der kubanische Barde Silvio Rodriguez gerade „La Masa“, während wir vom Flughafen in El Alto, das auf dem Bergplateau in 4061 Metern Höhe liegt, in den Talkessel nach La Paz hinabfuhren. Auf eben der Straße, auf der am selben Tag mehr als 70.000 Bauern, Arbeiter und Indigene aus der Provinz nach einem neuneinhalbtägigen Fußmarsch in die Stadt marschiert waren. Nun campierten sie auf dem Platz vor dem Kongress, um die Abgeordneten dazu zu zwingen, sich in einer 18-stündigen Marathonsitzung endlich in einer Abschlussabstimmung über die neu ausgearbeitete Verfassung zu einigen.
Es war Mitternacht, sternenklarer Himmel, und als ich in meiner Übergangsherberge ankam, wenige Blocks vom Kongress entfernt, hörte ich die Massen in der Dunkelheit singen und die Bergarbeiter in regelmäßigen Abständen Dynamit zünden, und da wurde ich furchtbar sentimental. Für Bolivien war diese Montagnacht ein historischer Moment.
Bis zum Nachmittag war nicht klar gewesen, ob das Land in einen Bürgerkrieg schlittern würde. Wenige Wochen zuvor waren 19 Bauern massakriert, Büros von Menschenrechtsorganisationen und Zentralpolizei überfallen und verwüstet worden, es kursierten Gerüchte über militärische Pläne, es wurden Krisenszenarien gemalt, und die Tieflandpräfekten, die das Recht auf Autonomie durchsetzen wollten, hetzten noch schärfer gegen die Zentralregierung von Evo Morales. Aerosur hatte am Montag schließlich die Flüge nach La Paz eingestellt, es war nicht klar, ob es zu einem Blutbad kommen würde. Um drei fand dann die noch vertrauliche Nachricht auf verschlungenen Wegen aus der Verhandlungskommission in das lokale DED-Büro in Santa Cruz: Regierung und Opposition haben sich geeinigt, es stünden nur noch Details zur Verhandlung, wir können fliegen.
Da stand ich also anderntags unter stahlblauem Himmel auf der Plaza Murillo vor dem Kongress zwischen den Bauern, Arbeitern und Indigenen, die in der Kälte der Nacht ausgeharrt und verhindert hatten, dass die Abgeordneten das Parlament verließen, bevor sie sich geeinigt hatten, bevor der letzte Artikel der neuen Verfassung verlesen war und ein Termin für die Volksabstimmung feststand. Musikgruppen spielten, die Menschen tanzten, Fahnen wurden geschwenkt, Wurstsemmeln aus Autos gereicht, eine alte Bäuerin hielt von einem offenen Laster herab eine Rede über die Bedeutung der Frauen bei der Transformation des Staates, und als mich jemand fragte, wie es mir geht, konnte ich nur sagen: „Ich freue mich mit und für diese Menschen.“
Die neue Verfassung, über die am 25. Januar abgestimmt wird, garantiert zum ersten Mal in der Geschichte des Landes, dass die gesamte Bevölkerung am Staat teilhaben kann. „Wir, das bolivianische Volk, von seiner Zusammensetzung vielfältig und inspiriert von den Kämpfen der Vergangenheit, von den indigenen Aufständen gegen die Kolonialherrschaft, von der Unabhängigkeit, von den Befreiungskämpfen, von den sozialen, indigenen und gewerkschaftlichen Protesten, vom Wasser- und vom Oktoberkrieg, von den Kämpfen um Land und Territorium, wir werden aus den Tiefen der Geschichte und im Gedenken an unsere Märtyrer einen neuen Staat bauen. Wir lassen den kolonialen, den republikanischen und den neoliberalen Staat hinter uns“, heißt es in der Präambel.
In 411 Artikeln verpflichtet sich der neue „Estado Unitario Social de Derecho Plurinacional Comunitario“ dem Wohl seiner Bürger, gleich welcher Herkunft, und sechs ethisch-moralischen Prinzipien, die aus der andinen Weltsicht stammen und sich durch die Übersetzung alleine nicht unbedingt erschließen: ama qhilla, ama llulla, ama suwa (Du sollst nicht faulenzen, lügen und stehlen), suma qamaña (gut leben), ñandereko (harmonisch leben), teko kavi (gutes Leben), ivi maraei (Erde ohne Böses), qhapaj ñan (edler Weg).
Ein historischer Moment. Ein Anfang nur. Der Umbau des Staates wird mindestens zehn Jahre beanspruchen. Nach der Volksabstimmung im Januar nächsten Jahres werden die Bolivianer im Dezember 2009 Präsident und Kongress neu wählen, im April 2010 Bürgermeister und Provinzpräfekten. Es müssen neue Gesetze erlassen, die alten an die Verfassung angepasst und all die guten Vorsätze mit Inhalt gefüllt werden. „Der Umbau eines Staates ist wie eine Geburt. Das geht nicht ohne Schmerzen“, sagte Ana María Romero de Campero, die ehemalige Defensora del Pueblo, vor einer Woche auf einer Veranstaltung. Vielleicht hat Bolivien ja die schlimmsten Wehen schon hinter sich.

Sonntag, 19. Oktober 2008

Baden im Sand


"Gibt´s da auch Wasser, kann man da baden?", war Gesines erste Frage. "Ja, ja", hatte irgendjemand geantwortet, und schon standen die Wochenendpläne. Die Kollegin arbeitet in Santa Cruz bei der Menschenrechtsorganisation Unir, lebte lange Jahre in Chile und ist mit einem Mapuche verheiratet. Mit den elf und dreizehn Jahre alten Kindern schauckelte uns Ehemann Domingo also im Geländewagen die 14 Kilometer Richtung Westen zum Nationalpark Lomas de Arenales und dort durch Flußfurten und über Ruckelpisten zu den sagenhaften Sanddünen. Und frag bitte niemand, wie diese Dünen dahin gekommen sind. Schleierhaft.

Die Dünen waren wenigstens nicht zu übersehen. Mit dem Wasser war das anders. Erst als wir bei etwa 40 Grad die Sandbuckel hochächzten, entdeckten wir auf der anderen Seite die Lagune, in der wir baden wollten. Eine knöchelhohe Pfütze mit einer Temperatur von etwa 50 Grad. Baden war also nicht. Aber immerhin, für das Picknick haben wir dann doch noch einen Baum mit Schatten entdeckt. Ein gefundenes Fressen - für die Mücken.





Samstag, 18. Oktober 2008

Zeitung bei Nacht

Warten auf Wunder


Oktober ist der Monat des "Herrn der Wunder". Weswegen Gläubige also zurzeit gerne in Lila herumlaufen und bei Prozessionen mitmarschieren. Auf dem Hauptplatz von Santa Cruz an der Kathedrale war ich auf der Suche nach einem Buchladen, der Samstagnachmittag geöffnet hat, auf ein Häuflein solcher Katholiken gestoßen.

Noch während ich mein Foto knipste, hörte ich plötzlich Böllerschüsse, Marschmusik und Megaphongeplärre. Da kam die politische Demonstration schon um die Ecke, ein paar bullig aussehende Berufsjugendliche mit Fahnen hinter einer Reihe wichtig aussehender Herren. Sie hielten akurat neben dem Spruchband, das zu den Katholiken gehörte: "Nein zur Gewalt, Ja zur Verständigung".



Die wichtig aussehende Herren stiegen am Hauptplatz auf den Wagen und begannen, ihre Anhänger einzunorden.

Erst der Typ mit der Miami-Vice-Sonnenbrille und der SS-artigen schwarzen Kappe. "Diese verdammte scheißschwule Mörderregierung", plärrte er im KZ-Aufseherton im Abstand von zwei Minuten in das Mikrophon, der Rest war nicht zu verstehen.

Dann kam der Typ im olivgrünen Outfit. "Diese Mörderregierung von verdammten Scheißschwulen", plärrte der ins Mikrophon. Da hatte sich das Häufchen Anhänger schon um ein paar Passanten erweitert, die mitklatschten.

Schließlich ging das Mikrophon an einen älteren Herrn in Weiß. Der Parteichef. Seine Rede begann mit den drei Worten: "Gott, Vaterland, Familie" und endete nach mehrmaliger Erwähnung der "mörderischen Scheißregierung aus verdammten Schwulen" mit dem Parteilied, einem Schlachtruf und Böllerschüssen.



Ich hatte mich schon gleich zu Anfang sicherheitshalber an den Eingang der Kathedrale geflüchtet. Von dort verfolgte ich das Ganze ein bisschen ratlos. Kommen jetzt gleich die anderen und kloppen sie sich dann? Aber wer sind die anderen, wenn ich nicht mal weiß, wer die einen sind?
FSB stand auf den Fahnen. Von Sozialismus war öfters die Rede. Gehörten die also zu Evo und meinten sie also die Provinzregierung von Santa Cruz, die sich abspalten will? Nein, aber gleichzeitig schimpften sie gegen den Kommunismus und forderten die Autonomie. Also waren sie zwar links, aber gegen Evo und für Santa Cruz? Herrgottnochmal, wer sind die denn? "Die Falangistas", sagte die ältere Dame in Lila neben mir und verschwand in der Kirche.
Die Falange Socialista Boliviana, las ich später in Wikipedia, ist linksnational und hat sich mit anderen Linken noch nie verstanden. Alles nicht so einfach in Bolivien. Da lob ich mir die Katholiken. Nachdem der Spuk vorbei war, zogen sie mit dem "Herrn der Wunder" durch die Straßen und skandierten den Rosenkranz. Und den kenn ich.







Solidaritätsplakat am Hauptplatz von Santa Cruz: "Leopoldo, halt durch!" Der ehemalige Präfekt der Tieflandprovinz Pando, Leopoldo Fernández, ist kürzlich wegen seiner Verantwortung für ein Massaker an unbewaffneten Bauern verhaftet worden.