Montag, 7. November 2005

Der Mut von Managua

Immerhin, seit Montag vergangener Woche gibt es ein Urteil: Der Taxifahrer, der im August den Journalisten Ronny Adolfo Olivas nächtens auf offener Straße erschossen hat, muss für 25 Jahre ins Gefängnis. Die Hintergründe der Tat in der nicaraguanischen Provinzstadt Estelí aber klärte das Gericht nicht: Olivas hatte wenige Tage zuvor drei telefonische Todesdrohungen erhalten. Der 47-Jährige war den Geschäften einer Drogenmafia auf der Spur und hatte mehrere Artikel darüber in La Prensa, der größten Tageszeitung des mittelamerikanischen Landes, veröffentlicht. Seine Recherchen legen nahe, dass auch die lokale Polizei in die illegalen Machenschaften verwickelt ist.

„Gewalt gegen Journalisten war in Nicaragua nie eine Konstante wie etwa in Guatemala oder anderen lateinamerikanischen Ländern“, sagt der Kommunikationswissenschaftler Guillermo Cortés aus Managua. Das hat sich inzwischen allerdings geändert – Ronny Adolfo Olivas war bereits das dritte Opfer innerhalb von 18 Monaten.

Im Februar 2004 erschoss ein militanter Sandinist in Managua den Parteikollegen Carlos Guadamuz, der als Fernsehmoderator wiederholt die eigene Parteiführung kritisiert hatte. Neun Monate später wurde im Zentrum des Landes die 26-jährige Journalistin María José Bravo umgebracht, während sie für die Tageszeitungen La Prensa und Hoy Vorwürfen des Wahlbetrugs nachging. In der aktuellen Rangliste der Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen zum weltweiten Zustand der Pressefreiheit landete Nicaragua trotzdem im besseren Mittelfeld – auf Platz 67.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen tritt für den Schutz von Journalisten in Kriegs- und Krisengebieten ein. Ihr diesjähriger Bericht von Ende Oktober dokumentiert die Situation in 166 Ländern und beruht auf einer Befragung von Journalisten, Rechercheuren, Juristen und Menschenrechtlern zu gewalttätigen Übergriffen, Morden und Verhaftungen sowie zu politischen, rechtlichen und ökonomischen Einflüssen. Das Ergebnis: Während sich die Situation zwischen September 2004 und August 2005 in einigen westlichen Ländern (vor allem in den USA) verschlechterte, verbesserte sie sich in Lateinamerika.

Aber wie sieht diese Verbesserung in der Realität aus? Die Militärdiktatoren herrschen zwar nicht mehr auf dem Kontinent. Doch abgesehen davon, dass Journalisten in Lateinamerika selbst für dortige Verhältnisse ausgesprochen miserabel verdienen, brauchen sie immer noch sehr viel Mut. Ihre Arbeit ist nach wie vor gefährlich. Dabei sind die Arten der Bedrohung mindestens so unterschiedlich wie die einzelnen Länder.

El Salvador zum Beispiel rangiert in der Rangliste von Reporter ohne Grenzen unter den Besten, auf Platz 28 – und damit noch vor Frankreich und Australien. In dem mittelamerikanischen Land kam im vergangenen Jahr kein Reporter um. Allerdings regiert dort die Selbstzensur. Während des Wahlkampfes 2004 spotteten viele über „Saca-Televisión“: Präsidentschaftskandidat Elías Antonio Saca, Vertreter der Wirtschaftsoligarchie und Medienunternehmer, gewann die Wahl, kleinere Oppositionsparteien waren praktisch totgeschwiegen worden. Unter den Schlusslichtern des amerikanischen Kontinents findet sich Peru: In dem Andenstaat kam ebenfalls kein Reporter um. Allerdings weiß die Vereinigung dort von mehr als 60 Fällen, in denen Journalisten eingeschüchtert, bedroht oder angegriffen wurden.

Aufgeklärt werden solche Angriffe in vielen Ländern nicht. Auch nicht in Guatemala. Deshalb recherchierte der Chef der dortigen Tageszeitung El Periódico, José Ruben Zamora, notgedrungen selbst, wer ihn im Juni 2003 attackiert hatte: Zwölf schwer bewaffnete und unmaskierte Männer hatten ihn und seine Familie zu Hause überfallen und waren erst nach drei Stunden wieder abgezogen – mit dem Rat, keine Artikel mehr gegen „die da oben“ zu veröffentlichen. Zamora hatte über Korruption in der Regierung und über parallele Machtstrukturen aus Militärs und organisiertem Verbrechen geschrieben. Der Zeitungschef identifizierte vier Täter, immerhin zwei wurden aufgrund seiner Hartnäckigkeit verhaftet und angeklagt. Doch das Gericht verurteilte im Februar dieses Jahres nur einen. Die zwölf Männer waren frühere Mitglieder des Geheimdienstes.

Bis zur Anklage kam es im Fall des ecuadorianischen Journalisten Fernando Oña Pardo erst gar nicht. Der Mitherausgeber des Zweiwochenblattes Opción hatte sich im April in der Hauptstadt Quito in einem Restaurant an einen Tisch gesetzt, als drei Männer hereinkamen, eine Waffe zogen und ihn davor warnten, weiter gegen die Regierung zu schreiben. Die hatte sich da schon so unbeliebt gemacht, dass Präsident Lucio Gutiérrez kurz darauf des Amtes enthoben wurde und ins Ausland flüchtete. Während der vorausgegangenen Massenproteste war in den Tränengasschwaden des Militärs ein chilenischer Reporter ums Leben gekommen.

Aber nicht nur Selbstzensur und direkte Angriffe – von staatlicher Seite oder aus Kreisen des organisierten Verbrechens – behindern die Arbeit von Journalisten in Lateinamerika. In Brasilien stammt das Pressegesetz zum Beispiel noch aus der Zeit der Militärdiktatur, und das Recht auf den Zugang zu Informationen ist nur in den wenigsten Ländern gesetzlich festgeschrieben.

Neben der juristischen Gängelung gibt es die ökonomische: Regierungen bestimmen über Sendelizenzen und die Vergabe staatlicher Werbung, die gerade bei kleinen Medien über Leben oder Tod entscheidet. Und auch wenn Reporter ohne Grenzen zu dem Schluss kommt, dass Länder wie der fragile Andenstaat Bolivien Beleg dafür seien, dass Demokratie und die Achtung der Menschenrechte nicht zwingend von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen, so beeinträchtigen wirtschaftliche Strukturen doch ganz erheblich die Pressefreiheit.

Wie zum Beispiel in Nicaragua: Das Wirtschaftsleben dort wird vom Familienkonzern Pellas bestimmt. Für den Bau des monströsen Unternehmenssitzes in Managua wurden der Firmengruppe – mit fadenscheiniger Begründung – Steuern in Höhe von drei Millionen Dollar erlassen. Der freie Journalist Carlos Fernando Chamorro, jahrelang einer der beliebtesten Fernsehmoderatoren im Land, hatte das Thema als Einziger aufgegriffen – und sich damit fast ruiniert. Der Konzern zog nach der Veröffentlichung seine Anzeigen aus Chamorros Fernsehsendung und Wochenzeitung zurück. „Wenn Pellas in einem Medium seine Anzeigen storniert, kann das zusperren“, sagt Medienwissenschaftler Cortés.

Damit nicht genug: Die Firmengruppe Pellas ist selbst eine Größe in Nicaraguas Medienlandschaft. Ihr gehören neben einem Dutzend anderer marktbeherrschender Unternehmen auch eine bedeutende PR-Agentur, ein Fernsehsender und der Monopolist im Kabelfernsehen – und obendrein verantwortet ein Pellas-Manager als Verbandsfunktionär die Erhebung der TV-Quoten.

Ein Thema ist das in Nicaragua natürlich nicht.

Mittwoch, 24. August 2005

Weine nicht um den Amazonas...

In Sarayaku gibt es keinen Strom, fließend Wasser nur in Bächen. Die Häuser bestehen aus gestampftem Boden und einem Holzdach auf Stelzen. Bei Regen verwandeln sich die Trampelpfade durch das Dorf in Schlammpfützen. Die Frauen kochen auf Feuern aus großen Baumstämmen. Auf den Tisch kommt, was die Männer im Rio Bobonaza fischen und mit Lanze oder Gewehr jagen, was die Frauen auf den Feldern anbauen, die bis zu zwei Stunden Fußmarsch entfernt sind: Maniok, Bananen, Mais. Das Dorf ist ein unberührter Flecken im Süden des ecuadorianischen Amazonas, der für die Ölförderung freigegeben ist. Die Einwohner verfolgen deshalb sehr genau den Kampf um den Rohstoff, der sich im Norden des Landes in diesen Tagen verschärft hat.

Nach Sarayaku sind es von dort, wo die Anden auslaufen und der Dschungel beginnt, zwei Tage auf dem Rio Bobonaza oder eine halbe Stunde in einer viersitzigen Cessna. Franco Viteri wohnt direkt an der Landepiste. Der frühere Bürgermeister pflegt verdächtige Besucher mit Chicha de Yuka, einem alkoholischen Getränk aus Maniok zu empfangen, aber auch mit einem anderthalbstündigen Verhör. Im Dorf ist man misstrauisch.

Vor 80 Jahren haben die Kichua-Indianer die evangelischen Missionare verjagt, seit 15 Jahren wehren sich die 200 Familien schon gegen die Ausbeutung der Erdölvorkommen in ihrem Gebiet. Mehr als einmal hat die Regierung angekündigt, das Militär gegen die Indianer einzusetzen. Es gibt ungeklärte Todesfälle, Morddrohungen, Überfälle. Der Staat hat den Familien ihr angestammtes Territoriumschriftlich garantiert, von den Bodenschätzen aber will er nicht lassen.

Die Einwohner Sarayakus wissen, was die Ausbeutung der Bodenschätze mit sich bringt. Sie kämpfen für die Unversehrtheit der Natur und ihre traditionelle Lebensweise. „Nach euren Kriterien sind wir arm. Aber wir sind nicht arm, wir haben alles, was wir brauchen“, sagt Franco Viteri. Wie die meisten im Dorf kennt der 37-Jährige das Leben draußen und die Vorstellungen der Europäer und Nordamerikaner von Entwicklung.

Wie diese aussieht, kann man weiter nördlich besichtigen, in den Provinzen Sucumbios und Orellana. Auf 4,5 Millionen Hektar, größtenteils in Naturschutzgebieten, bohren die staatseigene Firma Petroecuador und ausländische Konzerne wie Agip, Burlington, Repsol oder CGC nach Öl. Die Einwohner profitieren allerdings nicht von den satten Gewinnen. In der vergangenen Woche besetzten sie deshalb Ölfelder und sabotierten Anlagen. Die Regierung musste die Förderung stoppen und verhängte den Ausnahmezustand. Gespräche mit den Demonstranten blieben bislang ohne Ergebnis. Sie fordern Nachverhandlungen mit den Konzernen, Investitionen in die Infrastruktur, und sie protestieren gegen die sozialen und ökologischen Folgen der Förderung.

Der nordamerikanische Konzern Texaco förderte zwischen 1964 und 1992 in den beiden Provinzen 1,5 Millionen Fass Öl. Einen großen Teil der Anlagen, veraltet und schlecht gewartet, betreibt Petroecuador heute noch. Kilometerlange Rohre durchziehen die Landschaft. Wo das bei der Ölförderung entstehende Gas abgefackelt wird, züngeln Flammen zwischen den Bäumen. Auf Lichtungen finden sich in die Erde gegrabene Ölbecken, groß wie Schwimmbäder. Sie sind nicht eingezäunt, und wenn es regnet, laufen sie aus. Manche Bäche sind seit Jahrzehnten voller schwarzer Klumpen. In Wiesen über zugeschütteten Ölbecken breiten sich dunkle Lachen aus.

„Ecuador muss entscheiden, was es dem Öl opfern will“, hat Petroecuador-Chef Rodolfo Barniol vor fünf Jahren gefordert. Umweltschützer zitieren diesen Satz gerne. Sie schätzen, dass die Reinigung des ehemaligen Texaco-Geländes sechs Milliarden Dollar kosten wird. Um diese Summe geht es seit Mitte vergangenen Jahres in einem Schadenersatz-Prozess gegen den US-Konzern vor einem ecuadorianischen Gericht. „Weine nicht um den Amazonas, du tankst Texaco“, hat jemand an eine Hausmauer in Quito geschrieben.

Dort in der Hauptstadt arbeitet der Spanier Adolfo Maldonado. Der 46 Jahre alte Tropenmediziner hat für die ecuadorianische Organisation Accion Ecologica die Folgen der Ölförderung untersucht. „Was im Amazonas passiert, ist gleichbedeutend mit einem Unfall wie dem des verunglückten Tankers Exxon Valdez alle zwei Jahre“, urteilt er. Die Sterberate im Fördergebiet ist mehr als zweieinhalb mal so hoch wie in der Hauptstadt. Jeder Dritte stirbt an Krebs. Hautkrankheiten treten dreimal häufiger auf als im Rest des Landes, es gibt deutlich mehr Abgänge in der Schwangerschaft. „Das ist ein komplettes Desaster. Was dort passiert, ist kriminell“, sagt Maldonado.

Die Indianer von Sarayaku fürchten, dass es auch in ihrem Ort so weit kommen könnte. Deshalb sagt Franco Viteri ein wenig feindselig: „Wir wollen eure Art der Entwicklung nicht.“ Auch nicht gegen finanzielle Entschädigung. Sein Nachfolger Marlon Santi wirbt in ganz Südamerika und bisweilen in Brüssel oder Genf um Unterstützung. Der 27-Jährige trägt dann Federschmuck um den Hals und versucht begreiflich zu machen, dass den Familien von Sarayaku ihre Erde heilig ist. „Lieber sterbe ich, als dass ich ohne sie lebe“, hatte er seiner Mutter kurz vor ihrem Tod versprochen.

Doch die Auseinandersetzung um Sarayaku hat sich weiter zugespitzt. Nicht nur Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen beschäftigen sich mit Drohungen und Angriffen gegen Marlon Santi und die anderen Dorfbewohner, sondern auch der Amerikanische Gerichtshof für Menschenrechte. Ziel der Attacken sind aber auch Mitarbeiter von Organisationen, die Sarayaku unterstützen. Dazu gehört das Zentrum für ökonomische und soziale Rechte in Quito, in dem der Anwalt Mario Melo arbeitet. Er beschreibt die Lage mit den Worten: „Ein Dorf, verloren im Dschungel, kämpft für seine Würde.“

Noch haben die Menschen in Sarayaku diese Würde nicht verloren. Sie leben in einer Welt der Schamanen, Heilriten und Legenden, in der die Gemeinschaft und die Solidarität im Dorf zählen. Es ist diese Lebensform, die sich die Kichua-Indianer bewahren wollen. Doch im Dorf gibt es eine alte Prophezeiung, die niemand deuten mag: „Wir sind das letzte Volk, das Widerstand leistet. Aber das letzte wird fallen.“

Mittwoch, 11. Mai 2005

Die Macht der Maras

Die Tätowierungen sind nicht zu übersehen: auf dem linken Handrücken ein Spinnennetz, „M 18“ auf dem rechten. Die 26-Jährige versteckt sie nicht, obwohl sie nicht mehr Mitglied der „Mara 18“ ist. Miriam stieg aus der kriminellen Jugendbande aus, als diese ihre beiden Brüder umbrachte, wegen Verrats. Dass sie noch lebt, verdankt sie ihrem heute fünfjährigen Sohn. Wegen des Kindes ließen die Mörder gegen sie Gnade vor Bandenrecht walten.

Die junge Frau könnte aus jeder beliebigen zentralamerikanischen Großstadt stammen. Auch aus Ecuador, Peru, Mexiko oder den USA, neuerdings sogar aus Spanien. Die straff organisierten Jugendbanden haben sich auf dem gesamten amerikanischen Kontinent ausgebreitet, beherrschen mit ihren Kriegswaffen Städte und Landstriche, rauben, entführen, foltern, vergewaltigen und morden, handeln mit Drogen, Waffen und Menschen und werden zudem verdächtigt, mit al-Qaida in Kontakt zu stehen. In der spanischen Hauptstadt registrierte die Polizei in diesem Jahr erstmals Bandenkriege zwischen lateinamerikanischen Einwanderern.

Miriam stammt aus einem Viertel der guatemaltekischen Hauptstadt, die sich mehr als ein Dutzend Maras aufgeteilt haben. Allein in Miriams Stadtteil mit 45 000 Bewohnern wurden im Januar und Februar diesen Jahres 160 Menschen umgebracht, mehr als 100 bewaffnete Raubüberfälle verübt und mindestens 40 Frauen vergewaltigt. Bewaffnete Busüberfälle und Morde mitten in der Innenstadt sind an der Tagesordnung. Händler geben ihre Geschäfte auf und Busfahrer treten in den Ausstand, wenn die Banden ihre Schutzzölle erhöhen. Wer nicht zahlt, wird erschossen. Neuerdings klingeln sie auch gerne abends an der Tür und schauen sich in der Wohnung um. Wenn sie gefällt, bleiben sie – für immer. Die Hausherren dürfen das Notwendigste zusammenpacken, bevor sie auf der Straße landen. Die wenigsten erstatten Anzeige. Sie haben Angst.

Schätzungen zufolge gibt es allein in Honduras, Nicaragua, El Salvador, Panama und Guatemala mehr als eine halbe Million Bandenmitglieder. Sie sind in der Regel zwischen zwölf und 30 Jahre alt, verstehen die Gang als Ersatzfamilie, sprechen in eigenen Codes und identifizieren sich durch Tätowierungen. Auch in den USA sollen 50 000 Mitglieder von Banden leben.

Polizei-Experten zufolge sind sie auch dort entstanden, als in den 70er und 80er Jahren Tausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus Zentralamerika in die Vereinigten Staaten flohen. Zum Schutz vor den bereits existierenden Latino-Gangs, deren Ursprung bis ins vorletzte Jahrhundert zurückreicht, gründeten sie eigene Banden. Seit aber in Zentralamerika zumindest auf dem Papier Frieden herrscht, schiebt die US-Polizei jeden ab, der auffällig wird. In ihren Heimatländern gründen die Mareros dann neue Gruppen und schaffen so ein internationales Netz.

Während die USA aus Angst um die Sicherheit im eigenen Land von der Region eine gemeinsame Strategie im Kampf gegen die Jugendbanden fordert und kürzlich Geld dafür in Aussicht gestellt haben, sehen sich die Präsidenten aus dem armen Hinterhof der Großmacht überfordert. Sie setzen das Thema zwar regelmäßig auf die Tagesordnung ihrer Treffen und vereinbarten kürzlich eine gemeinsame Eingreiftruppe, einen zentralamerikanischen Haftbefehl und schärfere Gesetze. Ihre Mittel sind aber begrenzt, leiden die Länder doch unter einem korrupten Staatsapparat, einer schwachen Justiz und einer wenig effektiven Polizei.

Als in Guatemalas Hauptstadt kurz nach Amtsantritt von Oscar Berger im vergangenen Jahr eine übel zugerichtete Leiche mit einer Botschaft an den neuen Präsidenten auftauchte, holte dieser das Militär zu Hilfe. Das allerdings beherrscht auch neun Jahre nach Ende des Bürgerkriegs ohnehin die Strukturen des Landes und wird verdächtigt, die eigentliche Macht hinter illegalen Gruppen und dem organisierten Verbrechen zu sein, die sich der Maras als Drogen- und Waffenhändler bedienen.

Honduras Präsident Ricardo Maduro hat sogar ein persönliches Motiv für hartes Durchgreifen. Sein Sohn wurde 1997 von Mara-Mitgliedern ermordet. Seither gilt dort wie inzwischen in allen Nachbarländern null Toleranz. Menschenrechts- und andere Organisationen wie das überregional tätige Straßenkinder-Projekt Casa Alianza kritisieren, dass dabei auch mit schmutzigen Methoden gearbeitet wird. Sogar der jüngste Menschenrechtsbericht der USA spricht von außergerichtlichen Hinrichtungen durch paramilitärische Gruppen, die von der Wirtschaft finanziert werden. Während die offizielle Seite dies leugnet, räumte ein Ex-Funktionär des Sicherheitsministeriums ein: „Es ist einfacher, die Banden zu eliminieren als zu rehabilitieren.“ Genau das – Vorsorge und Rehabilitation – aber fordern Sozialverbände. Eine Studie der Zentralamerikanischen Universität in El Salvador kommt auch zu dem Schluss, dass die Gangs Folge der sozialen Ungleichheit in der Region sind.

Miriam hat gerade ihr zweites Kind auf die Welt gebracht. Vom Vater fehlt jede Spur, von der zerrütteten Familie kann sie keine Unterstützung erwarten. Immerhin: Mit Hilfe von Casa Alianza holt sie jetzt die Grundschule nach.

Samstag, 9. April 2005

Mitten in Guatemala

Es gibt Orte, an denen man lernt, den Lärm von Feuerwerkskrachern und Gewehrschüssen zu unterscheiden. Guatemala-Stadt ist so einer. Da verlässt man täglich das Haus in der Gewissheit, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis es einen erwischt. Mord, Raub, Entführung, Vergewaltigung sind an der Tagesordnung. Ein jeder versucht also, sich auf seine Art zu schützen.

Donã Milagro, eine ältere Dame aus der besseren Mittelschicht, fährt nur mit dem eigenen Auto. „Taxi oder Bus, das ist die Wahl zwischen Teufel und Belzebub“, sagt die resolute Hausverwalterin. Wer ins falsche Taxi steigt, landet dort, wo Jugendliche mit Uzis und AK47 die Straßen beherrschen. Nähere Bekanntschaft lässt sich mit ihnen schnell auch in Bussen machen. Bewaffnete Überfälle dort sind alltäglich. Kürzlich gestand ein Journalist seinen Tick, bei jedem Halt abzuspringen und einsteigende Fahrgäste zu taxieren.

So ein Überfall kann schon mal zweieinhalb Stunden dauern. Schuhe sind dann als Versteck für den Notgroschen nicht geeignet. Die sammeln die Räuber zusammen mit den Strümpfen ein. Es empfiehlt sich aber, ein Minimum an Barem griffbereit zu halten, um niemanden unnötig zu provozieren. Kleingeld ist auch für andere Fälle nicht schlecht. Jeder holt gerne ein paar Centavos aus der Tasche, wenn wieder ein junger Mann einsteigt und Bonbons verteilt. „Ich könnte euch auch überfallen“, lautet der Standardsatz. Herumliegende Plastiktüten sollten Fahrgäste nie anfassen. Jüngst fand ein Busreisender einen abgeschnittener Frauenkopf in solch einer Tüte.

„Man traut sich gar nicht mehr aus dem Haus“, sagte Doña Milagro anderntags. Abends schon gar nicht. Mit ihren Freundinnen trifft sie sich daher nur noch mittags. Als die beleibte Witwe kürzlich von einem Termin erst um halb acht zurückkehrte, legte sie die Meter zwischen Garage und Haustür im Laufschritt zurück. Auch andere Guatemalteken blicken bei Veranstaltungen um sechs schon nervös auf die Uhr und sagen: „Es ist schon ganz schön spät.“

Wer um diese Uhrzeit im Zentrum noch etwas essen möchte, muss sich sputen. Dort schließt sogar McDonald’s früher als anderswo, und ab sieben, wenn Straßenhändler ihre Stände abbauen und Obdachlosen ihre Kartons auf dem Gehsteig ausgebreitet haben, ziehen die meisten Lokale ihre Rollläden herunter. Abendvorstellungen im Kino gibt es nicht, und in der Bodeguita del Centro, einer der wenigen Bars in der Innenstadt, spielen Musiker meist im leeren Lokal.

Doña Milagro hat nicht nur ihren Tagesablauf verändert. Ihre Neigung zu auffälligen Ohrgehängen lebt die Hausverwalterin nur noch in ihren eigenen vier Wänden aus. Ein Straßenhändler hatte ihr zuvor im Vorbeigehen nachgerufen: „Die traut sich was.“ Sie trug Modeschmuck, den sie für etwa einen Dollar auf dem Markt gekauft hatte. Selbst untertags geht sie nur mit ein paar Quetzals auf die Straße. Wer öffentlich einen Hunderter zeigt, umgerechnet sind das zehn Euro, macht sich des Leichtsinns schuldig. Und Wechselgeld gibt es nicht einmal für einen Fünfer.

Wer aber doch in die Verlegenheit kommt, einen größeren Betrag mit sich führen zu müssen, dem bleibt nur die Unterwäsche. Selbst in besseren Geschäften zaubern Frauen die Scheine zwischen ihren Brüsten hervor. Wem es vor den stinkenden Fetzen auf der Haut ekelt: Straßenhändler verkaufen Unterwäsche mit integrierten Geldscheintaschen.

Freitag, 8. April 2005

Wieder zurück


Mittwoch, 30. März 2005

Weihrauchschwaden












Die letzten Traenengasschwaden hatten sich gerade aufgeloest, da begannen die Weihrauchwolken durch die Strassen zu wabern. In der Osterwoche zogen Prozessionen lila und schwarz gekleideter Kaputzenmaenner zu Dutzenden und zu jeder Tages- und Nachtzeit durch die Stadt, Frauen und Maenner muehten sich auf ihren Schultern mit lastwagengrossen Aufbauten fuer die Heiligenfiguren ab. Aber nun ist wieder Ruhe eingekehrt, und selbst die Sonne goennt sich eine Pause. Feine Regentropfen fallen aus einem schwarzen Himmel, der ganz meinem inneren Zustand gleicht. Es steht die Heimreise an.

Sonntag, 20. März 2005

In Zone 12

Das Frauenprojekt UPAVIM





Mittwoch, 16. März 2005

War da was?

Trotz meines Schweigens in den vergangenen Wochen: Es gibt mich noch. Und so schicke ich Euch diesmal ein paar Schlaglichter aus dem Leben guatemaltekischer Bauern und den Straßenschlachten der vergangenen Tage in der Hauptstadt.

In einem kleinen Weiler nahe Chichicastenango, vier Stunden von der Hauptstadt entfernt, werden demnächst Opfer von Massakern der 80er Jahre exhumiert. Militärs und ihre Helfer löschten zum Teil ganze Dörfer aus, wenn sie den Verdacht hatten, dass diese auf der Seite der Guerillas stehen könnten.


Die Initiative für die Exhumierung in Lacamá geht auf José zurück, dessen Bruder entführt, erschossen und irgendwo verscharrt wurde. Der Mittvierziger stockt immer wieder in seinem Bericht, blickt weg und hält nur mühsam die Tränen zurück. Drei geheime Gräber wurden in diesem Quiche-Dorf im letzten Jahr schon ausgehoben: einmal zwei Frauen und zwölf Kinder, ein andermal ein Mann mit seinen drei Kindern, schließlich sieben weitere Leichen. Die Überreste von Josés Bruder waren nicht darunter.


Einige der Mörder, Mitglieder einer paramilitärischen Patrouille, leben heute noch im Dorf. Mit einer Mischung aus Schmerz und Wut erzählt José, dass diese wissen, wo sein Bruder verscharrt wurde. Aber sie wollen es nicht sagen. Sie haben Angst vor einem Prozess. Dabei will José gar niemanden verklagen. Er will nur, dass sein Bruder wenigstens in einem ordentlichen Grab bestattet wird. Dass sein Schmerz nach so vielen Jahren des Schweigens einen Ausdruck findet.


In einem kleinen Dorf nördlich der Hauptstadt treffen sich seit zwei Jahren einmal im Monat unter sozialpsychologischer Führung zwanzig Katecheten aus den umliegenden Weilern und versuchen sich fortzubilden. Sie analysieren auf lebensnahem Niveau Probleme, die von der blutigen Geschichte oder der jetzigen schwierigen sozialen und politischen Situation herrühren. Versuchen, für ihre kleine Welt Lösungen zu finden.

An diesem Samstagnachmittag sprachen die zwanzig Bauern zwei Stunden lang über Selbstwertgefühl. Wie sie behandelt wurden in ihrer Kindheit, wie sie behandelt wurden während der Militärregime, wie sie ihre Kinder heute behandeln. Was ihnen Selbstwertgefühl gibt. „Wenn der Mais gut wächst, sind wir glücklich“, sagte einer von ihnen. Der Mais hat eine besondere Bedeutung: „Mit der Erde handelt man nicht. Die Erde ist unsere Mutter, und wir sind der Mais.“

Die Kolonialherren hat das nicht interessiert, bis heute besitzen ein paar wenige Finceros praktisch die Gesamtheit der Flächen, zumindest der fruchtbaren. Viele Titel basieren auf gefälschten Dokumenten. Oft grasen auf Riesenfeldern zwei Kühe, manchmal wird das Land auch gar nicht genutzt. Die Bauern sterben derweil an Unterernährung, weil sie kein Fleckchen finden, auf denen sie ihren Mais und ihre Bohnen anbauen könnten. Manche kommen ab und an als Tagelöhner auf einer der Ländereien unter – für 2,50 Euro am Tag.


Wenn eine Gemeinde gar nicht mehr weiter weiß, besetzt sie manchmal eine Finca. Wenn sie Glück hat und die jahrelangen Verhandlungen durchhält, kauft ein Staatsfond den Grund und verkauft ihn dann an die Bauern weiter. Die rechtliche Vertretung übernimmt die Bauernorganisation CUC, die im Bürgerkrieg Teil der Guerillabewegung war. Regionalvertreter Abelardo macht seinen Job ehrenamtlich, er hat nicht einmal ein Budget für seine Fahrten durch die drei Bezirke, für die er zuständig ist. Sein Posten lässt ihm keine Zeit, seinen Unterhalt für sich und seine Familie zu verdienen. Abgesehen davon, dass er regelmäßig Morddrohungen erhält, ist er darauf angewiesen, dass ihm die Bauern hier einen, dort zwei Euro zustecken.


In der Umgebung der Kleinstadt Morales im Bezirk Izabal im Osten des Landes habe ich mit Abelardo sieben solcher Gemeinden besucht, die um eigenen Grund kämpfen. Die Gegend könnte ein Paradies sein. Weiter Blick in einem breiten Tal zwischen zwei Gebirsgszügen, die sanft in Hügeln auslaufen, grüne Weideflächen, feuchtwarmes Klima. Aber alleine in diesen sieben Weilern wurden in den vergangenen Jahren im Kampf um Land mehr als 30 Bauern ermordet. In den meisten Fällen gibt es Zeugen, wurde Anzeige erstattet. Es kam nicht zu einem einzigen Prozess. Immerhin zwei Haftbefehle wurden ausgeschrieben – und nie vollzogen.


Scheint die Gegend schon idyllisch, die Bauern könnte man geradezu als pitoresk bezeichnen: Cowboyhut und –stiefel, ausgewaschene alte Jeans, offene Hemden, gegerbte Gesichter, athletische Körper. Der Eindruck verfliegt schnell, wenn sie von ihrem Leben erzählen. Der Speiseplan besteht zu weiten Teilen aus Tortilla mit Salz. Wegen des besonderen Anlasses hatten die Frauen an diesem Tag ein paar fleischlose, fettreiche und flacksige Rinderknochen gekocht, die sie mit Reis servierten. „Bitte nur einen kleinen Löffel“, sagte ich und hatte übersehen, dass es mehr ohnehin für keinen gab.


Damit sich auch diese armseligen Bauern aus ihrer Misere befreien und an der Globalisierung teilhaben können, hat die neoliberale und unternehmensnahe Regierung mit den USA ein Freihandelsabkommen (TLC oder CAFTA) geschlossen. Im Effekt werden die Kleinbauern in ihren Dörfern ohne ordentliche Wasserversorgung, Schulen, Gesundheitsversorgung und Strom mit ihren Bohnen und ihrem Mais nicht gegen die staatlich subventionierten Produkte aus Nordamerika konkurrieren können.


Deshalb gab es eine ganze Woche voller Demonstrationen hier in der Hauptstadt, an denen sich außer Bauern auch Indígenas und Sozialorganisationen, Studenten und Gewerkschaften, Fraueninitiativen und Lehrer beteiligten. Am ersten Tag gelangten die Protestierenden noch bis zum Kongress hier in der Altstadt, wo sie ohne Erfolg um ein Gespräch mit der Regierung baten. Aber schon am zweiten Tag wurde das Gebäude großräumig abgesperrt, damit die Abgeordneten drinnen ungestört und in aller Eile den Vertrag ratifizieren konnten. Zum Wohl des Volkes.

Das rief für vergangenen Montag den Generalstreik aus und sperrte im ganzen Land Straßen. Die Massendemonstration hier in der Hauptstadt wurde mittags ohne Ankündigung durch Tränengasbomben, Wasserwerfer, Gummi- und Nagelgeschosse sowie Schüsse in die Luft aufgelöst. Daraufhin entwickelte sich ein Straßenkampf zwischen kleinen Gruppen gewalttätiger TLC-Gegner sowie Spezialkräften der Polizei und des Militärs. Einer der Brennpunkte verlagerte sich wie schon in der Vorwoche in meine Straße, wo Studenten zwei Busse kaperten und gegen Hausmauern sausen ließ.


Nachmittags gegen vier schließlich hatte die Polizei wieder alles unter Kontrolle: Ein Pulk von Spezialkräften auf 40 nagelneuen und auf Hochglanz polierten Motorrädern patrouillierte in Höchstgeschwindigkeit und mit heulenden Sirenen bis in die Nacht durch die Straßen der Innenstadt und stoppte nur, um Menschen festzunehmen. Eine Gruppe von friedlichen Bauernanführern entging diesem Schicksal nur, weil sie Zuflucht beim Regierungsbevollmächtigten für Menschenrechte fand. Ich verzog mich derweil endgültig in meine Wohnung.


Immer wieder breiten Journalisten in allen möglichen Zeitungen ihre Besorgnis darüber aus, dass Lateinamerika wieder bedenklich nach links rutscht. Wen wundert das? In Guatemala allerdings braucht sich keiner davor zu fürchten, dass aus dem Protest gegen den Freihandelsvertrag eine Guerrillabewegung wächst, wie es 1994 in Chiapas geschah. Die Menschen hier sind des Blutvergießens müde. Und das Potential an Oppositionsführern ist in über 30 Jahren Bürgerkrieg ohnehin so systematisch ermordet worden, dass es lange dauern wird, bis sich diese Lücke wieder schließen wird.




Freitag, 25. Februar 2005

Flores im Petén











Dienstag, 22. Februar 2005

Lago Atitlán










Montag, 21. Februar 2005

Nur mit Schutzengel

Also wenn ich das letzte Mal geschrieben habe, in meine Wohnung drängen manchmal Musikfetzen, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Und weil Wasti nach seinem Kurzbesuch hier ohnehin einiges erzählen wird, macht es auch keinen Sinn, die andere Hälfte zu verschweigen. Gerade eben wieder, als ich die Zeitungen von heute durchblätterte, fielen draußen in der Nacht Schüsse. Guatemala ist mit Sicherheit das gefährlichste Land, in das ich je gereist bin, und die gemeine und die politische Kriminalität, zwischen denen nicht einmal eine Grenze auszumachen ist, verursachen mir jeden Tag mehr Gänsehaut.

Dazu tragen nicht nur die Bücher über die reichlich blutige Vergangenheit des Landes bei, die sich auf meinem Nachttisch stapeln, sondern auch meine Besuche bei Menschenrechtsorganisationen und anderen Institutionen. Dort erzählen mir die Menschen von Drohanrufen und ständiger Überwachung, sprechen von den immer noch existenten geheimen Killer- und Überfallkommandos, die wie in Bürgerkriegszeiten auf Befehl von oben agieren, und pflegen dann abzuschließen mit Sätzen wie: „Pass auf, vertrau keinem, es könnte ein Militär sein.“ Davor schützt mich ja hoffentlich, dass ich absolut unbedeutend bin. Allerdings frage ich mich jeden Tag mehr, wieso hier niemand wieder anfängt, sich zu bewaffnen. Was man so wiederum gar nicht formulieren kann, denn bewaffnet ist die Mehrheit bereits. Die AK47 ist absolute Durchschnittsausruestung.

Jeden Tag lese ich die Seite in den Zeitungen mit den übelsten Vergewaltigungen, Folterungen, Überfällen, Entführungen und Morden, derer so vieler sind, dass sie in der Regel in einem Sammelartikel jeweils nur mit einem Satz abgehandelt werden. Für eine Erklärung der Motive im Einzelfall ist da kein Platz mehr. Nur wenn eine Frau umgebracht wurde, vergessen die Redakteure nie die Gesamtzahl der weiblichen Opfer zu erwähnen: In den ersten Wochen des Jahres waren es bereits 55, was darauf schließen lässt, dass der traurige Rekord vom vergangenen Jahr heuer noch übertroffen wird. In einem besonders grauslichen Fall tauchte der abgeschnittene Frauenkopf in einem öffentlichen Bus auf. Hier um die Ecke.

Kommentare über die Unsicherheit im Land, in dem elf Millionen Menschen leben, füllen auch täglich die Meinungsspalten. Ich lese das alles nicht gerade zum Vergnügen, sondern um zu sehen, wo und zu welcher Uhrzeit die Verbrechen stattgefunden haben, um ein Gefühl zu kriegen für die Gegenden, wo ich genau aufpasse, wer vorne in den Bus einsteigt, oder wo ich besser erst gar keinen Fuß reinsetze.

Aber auch das hilft nicht immer. Als Wasti und ich vergangene Woche hier in der Hauptstadt kurz nach Dunkelwerden in ein Taxi einstiegen, nahm der Fahrer unnötigerweise eine unübliche Route. Sie führte durch üble Viertel. Am Straßenrand ließen sich zwischen nächtlichen Feuern Gruppen von Jugendlichen mit Pumpguns und allerhand andere unangenehme Gestalten ausmachen. Wir insistierten mehrmals, dass das der falsche Weg sei und landeten schlussendlich dann doch heil an meiner Haustür. Ob der Taxifahrer in böser Absicht oder aus Naivität handelte, wir werden es nie herausfinden.

Meine Haustüre ist gottseidank immer verschlossen, zur Kontrolle sitzt ein Portier am Eingang. Den Luxus genießen natürlich die wenigsten Guatemalteken, und deshalb leiden sie gerade unter einer neuen Welle von Gewalt durch jugendliche Banden-Mitglieder, so genannte mareros, die viele Viertel beherrschen und täglich Schutzzoll von Anwohnern und Busfahrern kassieren. Neuerdings klingeln sie an der Tür, schauen sich die Wohnung oder das Haus an und entscheiden dann, ob sie bleiben – für immer. Aus Angst traut sich kaum jemand zu protestieren oder gar Anzeige zu erstatten. Manchmal dürfen die Besitzer ein bisschen persönliche Habe (natürlich keine Wertgegenstände) zusammensuchen, bevor sie aus ihren vier Wänden rausgeschmissen werden, manchmal dürfen sie die Behausung sogar mit den ungebetenen Gästen teilen

Auch meine Gegend ist nicht gerade die sicherste. Aber dafür herrscht hier bis abends um acht Trubel, was wiederum auch Schutz ist. Zu dieser Uhrzeit ist nämlich der Rest der Stadt schon ausgestorben, bereiten sich die Obdachlosen in ruhigeren Ecken und Hauseingängen schon ihre Pappbetten. Mit Wasti traute ich mich nachts sogar bis zur Bodeguita del Centro, einer Musikkneipe vier Häuserblocks weiter, wo die Straße schlecht beleuchtet ist und abgesehen von den Prostituierten nachts immer leer zu sein scheint. Allein gehe ich allerdings nach acht zu Fuß nicht weiter als bis zum nächsten Häuserblock, wo in Bar Europa Chef Cesar immer rührend um mich bemüht ist. So habe ich also meinen Tagesablauf völlig umgestellt. In der Regel gehe ich tagsüber raus, nachts arbeite ich zu Hause am Computer.

Die vergangenen zwei Wochen waren da eine Ausnahme. Wasti und ich haben uns aber nicht nur in Hauptstadt umgeschaut, wir sind auch nach Antigua, an den Atitlan-See und zu den Maya-Ruinen nach Tikal gefahren. An diesen touristischen Punkten scheint die Welt halbwegs in Ordnung – aber die Gefahr lauert auch dort oder zumindest auf dem Weg dazwischen. Busüberfälle sind tägliche Routine, die können sogar hier in der Innenstadt zweieinhalb Stunden dauern, bis endlich die Polizei kommt. Die ist oft genug selbst in die Verbrechen involviert und deshalb nicht gerade vertrauenswürdig. Und dass es in den viel besuchten Touristenorten wie Antigua keine richtigen Maras gibt, zeigt am offensichtlichsten, dass diese Jugendbanden „von oben“ gesteuert werden. Die 14- bis 30-Jährigen werden von den Bossen, die das Land regieren, als Drogen- und Waffenkuriere beschäftigt. Von den Verbindungen zwischen Maras, Killer- und Überfallkommandos, Präsidentenpalast und anderen politischen und wirtschaftlichen Institutionen weiß jeder. Es ist sogar in der Zeitung nachzulesen. Es hilft nur nicht.

Man gewöhnt sich an vieles, habe ich festgestellt. Deshalb haengt neuerdings ein grosses Poster in meiner Wohnung: die uebelsten mareros als lustige Comicfiguren. Ansonsten vertraue ich auf meine Vorsichtsmaßnahmen und meinen Schutzengel.

Samstag, 12. Februar 2005

Gift für die Bauern

Wer nicht in San Francisco II wohnt, fährt dort auch nicht freiwillig hin. Der Weg in das kleine ecuadorianische Dorf am Rande des Amazonas an der Grenze zu Kolumbien wird in der Gegend Koka-Straße genannt und ist eine grobe, einsame, einspurige Schotterpiste aus faustgroßen Steinen und einer Aneinanderreihung von Schlaglöchern. Sie führt durch steiles hügeliges Waldgelände. Eine Straße, auf der man besser niemandem begegnet. Nicht nur, weil sich dort Schmuggler und Guerillakämpfer herumtreiben. Die größte Gefahr kommt dort aus der Luft.

„Hier sterben die Menschen, sie sterben einen langsamen Tod, und niemanden interessiert es“, klagen die Kichua-Bauern auf dem Dorfplatz in einer Mischung aus Verzweiflung und Wut. Alle zwei bis drei Wochen tauchen über der Gemeinde Flugzeuge auf, die Pflanzen, Tieren und Menschen Krankheit und Tod bringen. Die Gefahr droht entlang der kolumbianischen Grenze nicht nur in Ecuador, sondern auch in Peru und Brasilien.

Die Flugzeuge versprühen Unkrautvernichtungsmittel, Hauptbestandteil der Mischung ist Glifosat, ein toxischer Stoff. Es wird verkauft mit dem Hinweis, dass Menschen damit nicht in Berührung kommen sollen, es drohten Reizungen von Haut und Augen, Übelkeit und Atemnot. Doch im Drogenkrieg gelten andere Regeln. Der Giftcocktail soll auf kolumbianischem Terrain illegale Mohn-, Koka- und Marihuana-Anpflanzungen zerstören. Die Herbizide machen allerdings nicht an der Grenze Halt und landen auch direkt auf ecuadorianischem Gebiet.

Kolumbien versprüht im Kampf gegen den Drogenanbau schon seit den siebziger Jahren Herbizide aus der Luft, verstärkt haben sich die Einsätze allerdings erst im Jahr 2000, als der damalige US-Präsident Bill Clinton und sein kolumbianischer Kollege Andres Pastrana den umstrittenen Plan Colombia entwarfen. Aus dem südamerikanischen Land stammen 80 Prozent des weltweit hergestellten Kokains, und Washington glaubt, den Anbau mit militärischen Mitteln drosseln zu können. Dafür stellte der US-Kongress im selben Jahr 1,3 Milliarden Dollar bereit.

Der Plan läuft in diesem Jahr aus, aber bereits im vergangenen November sagte US-Präsident George W. Bush seinem kolumbianischen Kollegen Alvaro Uribe bei einem Kurzbesuch weitere Hilfe für die nächsten Jahre zu. Bush und Uribe hoffen, damit gleichzeitig linksgerichtete Guerillagruppen wie die Fuerzas Armadas Revolucionarias Columbianas (Farc) auszuschalten, die sich wie die rechten Paramilitärs hauptsächlich aus dem Kokaingeschäft finanzieren.

In San Fransisco II will man weder mit Guerillas noch mit Drogen etwas zu tun haben. Dort hat man andere Sorgen. Bei der Rundfahrt durch die Felder zeigt Delia Prieto auf die Bananenstauden. Vertrocknete Blätter, schwarze krumpelige Früchte. Sie zieht Maniok aus der Erde. Die Wurzel zerbröselt ihr in der Hand. „Mais, Kaffee, Maniok, Banane, alles tot“, sagt die Bäuerin. „Viele bauen hier überhaupt nichts mehr an, denn sie wissen ja nicht, wann die Flieger das nächste Mal auftauchen.“

Nicht nur die Pflanzen sterben, auch die Tiere. „Von meinen 15 Katzen blieb mir nicht eine“, erzählt Delia Prieto. Auch Hunde, Hühner, Schweine und Kühe starben. Was überlebt hat, lässt sich nicht verkaufen. So wurde den Bauern im Grenzstreifen durch die regelmäßigen Besprühungen aus der Luft die Lebensgrundlage entzogen. Aber das ist nicht alles. Die 52-jährige Bäuerin Victoria Ribadenaira zeigt auf die schwarzen Flecken auf ihrem Bauch, sie leidet unter Kopfschmerzen, Fieber und Erbrechen. Der Arzt diagnostizierte eine akute Vergiftung. Aber wer sollte den verordneten Blutaustausch bezahlen?

Bauer Julio Diez nimmt seinen Hut ab. Der Hinterkopf ist voll von daumengroßen Geschwüren. Kein Medikament hat geholfen. Jose Macario Bones Körper ist von Hautausschlägen übersät. Seine Frau behandelt sie mit Öl, das verschafft etwas Linderung. Segundo Rocendo Andrade holt das Foto seines Sohns aus der Hütte. Der Neunjährige starb im vergangenen Jahr innerhalb von drei Monaten. Allein in San Fransicso II starben in Folge der Herbizid-Besprühungen acht Kinder.

Was die Bauern erzählen, hat der spanische Arzt Alfredo Maldonado für die ecuadorianische Umweltinitiative Accion Ecologica und für Menschenrechtsgruppen wissenschaftlich untersucht. Sein Ergebnis: Während der Besprühungen leiden die Einwohner unter akuten Vergiftungserscheinungen. Langfristige Folgen sind eine zerstörte Erde und kontaminiertes Wasser, Magen-, Darm-, Nerven- und Hautkrankheiten, Abgänge in der Schwangerschaft, Zerstörung der roten Blutkörperchen, Krebs, Missbildungen, genetische Schäden.

Der Tropenmediziner hat die Ergebnisse seiner Untersuchungen in langen Berichten zusammengefasst. Er glaubt, wie viele im Land, hier gehe es vor allem um die Interessen der USA. Die Strategie zur Drogenbekämpfung sei aber längst gescheitert, sagt er. Auf Hilfe der Regierung brauchen die Bauern in San Fransisco II nicht zu hoffen.

Präsident Lucio Gutierrez ließ zwar eine Kommission zur Untersuchung der Gesundheitsschäden einrichten. Aber an deren Glaubwürdigkeit zweifeln sogar seine eigenen Abgeordneten, und im Zweifelsfall ist ihm der Applaus aus Washington oder Bogota wichtiger als seine Bauern. Auch Ecuador erhält immer wieder Brosamen aus dem Milliardenbudget der USA für den Plan Colombia, dafür patrouillieren einige tausend ecuadorianische Soldaten im Grenzstreifen zu Kolumbien.

Wer kann, geht deshalb weg von dort. In der Region wurden in den vergangenen Jahren 25 Schulen geschlossen. Eduardo Olmedo Aviles ist geblieben. Er hat keine Verwandten anderswo, die ihn aufnehmen könnten. Und er sieht nicht ein, warum er gehen sollte: „Ich bin schließlich Ecuadorianer. Ich habe ein Recht auf ein würdiges Leben in meinem Land.“

Dienstag, 8. Februar 2005

La Reina del Camino




Manchmal dringen untertags in meine verschrobene 50-er-Jahre-Wohnung Musikfetzen von draußen. Aber das ist nur ein leiser Abklatsch des Trubels auf der Straße. Wenn ich das Haus verlasse, bin ich mitten drin: dort wo die Stadt am lautesten, am chaotischsten ist.

Die sechste Avenida ist geäumt von mobilen Händlern mit schwarz kopierten CD, Videofilmen, DvD, Jeans und Schuhen, dort schlägt mir ein Lärm aus Techno-Musik, Reggaeton, Salsa und Kampffilm-Geräuschen entgegen, finden sich zwischen schwarzen Abgaswolken Grillstände und Straßen-Volksküchen, Zeitungsverkäufer und Zigarettenhändler. Auf dem zu einem schmalen Pfad zugestellten Gehsteig ist kein Durchkommen. Sieben Tage die Woche.

Eine Welt. Wenn ich den 82er Bus nehme, dann lande ich nach einer halben Stunde in der anderen, in zona 10 oder zona viva. Dort sammeln sich die modernen Bürotürme und Einkaufszentren mit europäischen und nordamerikansichen Modemarken, die teuren Hotels, Bars und Restaurants. Dort speisen selbst im McDonalds mittags nur Anzugträger mit Handy, tauchen Frauen in Tracht nur als Kaugummiverkäuferinnen auf, legen sich an der Kreuzung bei Rot kleine Jungs auf ihre ausgebreitete Jacke und zeigen in der Hoffnung auf ein paar Quetzales, das was wir im Turnunterricht die "Kerze" nannten. An den Laternenmasten kleben Handzettel von illegalen Abtreibungskliniken, jedes Haus ist durch Mauer und Stacheldraht und Sicherheitsleuten geschützt.

Noch irrealer aber ist die ehemalige Hauptstadt Antigua. Die kleine Provinzstadt liegt in lieblicher, manchmal fast toskanisch anmutender Landschaft, ist umgeben von ebenmäßigen, wie von Kinderhand gemalten Vulkankegeln. Die Straßen aus Kopfsteinpflaster sind gesäumt von Kolonialhäusern, hinter denen sich wunderbare Innenhöfe öffnen. Es finden sich ein paar jahrhundertealte Ruinen, die die Erdbeben dort hinterlassen haben. „Disneyland“ nannte es ein Einheimischer. Während ich in Guatemala-Stadt noch nicht einen Touristen gesehen habe, nicht einmal auf dem Hauptplatz oder in der Kathedrale, wimmelt es dort in Antigua nur so von Gruppen älterer Reisender und ausländischen Pärchen. Es gibt Pizza, Sushi, Thai, alles, nur keine Bohnen und keine Tortilla.


Nun gut, ich habe es natürlich genossen, mich zum Frühstück in die italienische Bar zu setzen und mit Blick auf die kolonialen Arkaden einen doppelten Espresso zu trinken. Alles andere wäre gelogen. Aber nach einer Nacht machte ich mich doch wieder auf den Heimweg.


Der Bus war ausnahmensweise nicht voll besetzt, das heißt man konnte noch manche Körperteile bewegen, und deshalb rutschte auf der rasanten Fahrt der jeweils Dritte auf der zweisitzigen Bank bei jeder Kurve in den Mittelgang. Auch die alte Frau neben mir plumpste regelmäßig ins Nichts und lachte dann schallend – wie alle anderen, die keinen Halt gefunden hatten.

Das Busfahren ist nicht immer so lustig, es ist vor allem anstrengend. Zum einen gibt es keinen ordentlichen Busbahnhof hier in der Hauptstadt, nur ein paar Straßenzüge, die sich so nennen. Dann ist der älteste Klapperkasten der „Reina del Camino“, einer wirklich üblen Bus-Kooperative in Quito, mit der ich einige nächtliche Horrorfahrten erlebte, im Vergleich immer noch ein Luxusgefährt. Und schließlich kann man sich nicht aussuchen, ob man seinen Sitz mit jemandem teilen möchte. Wenn zwei auf der Bank nicht Platz machen wollen für einen Dritten, dann wird der Kassierer ziemlich schnell ziemlich ungeduldig. Von den Leuten, die stehen, von den Kindern, die irgendwo ein Plätzchen finden, vom Gepäck, davon will ich gar nicht sprechen. Strecken über mehrere Stunden legt man hier zurück wie in der Münchner S-Bahn zu Stoßzeiten, wenn gerade zwei Züge ausgefallen sind.


Bei meinem jüngsten Ausflug hatte ich Glück. Ich ergatterte einen Fensterplatz. Neben mich setzte sich eine Mutter. Sie hatte abgearbeitete, geschwollene, runzlige Hände, aber glatte rote Pausbäckchen. Ich hätte sie auf mein Alter geschätzt, damit dürfte sie etwa fünf bis zehn Jahre jünger gewesen sein. Auf ihrem Schoss saß der Kleinste mit einem halben Jahr, dem sie hin und wieder die Brust gab. Auf das bisschen Bank, das noch frei war, hatte sich der Ehemann gequetscht, mit der Zweijährigen auf den Knien. Jenseits des Gangs hielten die Zehn- und der Achtjährige die zwei mittleren Geschwistern auf dem Schoss. Am Fenster schließlich saß ein Fremder. Diese achtköpfige Familie fuhr also nicht nur mit dem Bus zu einem Fest in ihr Heimatdorf, nein, sie tat das auf zweimal anderthalb Sitzplätzen. Während die Familie noch ein Stück Weg vor sich hatte, stieg ich nach vier Stunden in Chichicastenango aus.


Das Dorf im Departamento del Quiché mit 5000 Einwohnern ist berühmt für seinen Markt und als Zentrum der Maya-Religion. Der Hauptplatz und die angrenzenden Straßen verwandelten sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag in einen überdeckten Basar voller Trachtenstoffe, Huipiles, den bestickten Blusen der Indígenas, Touristen-Kram, Plastikeimern, Obst, Gemüse, Mais in allen Formen. Aber trotz dieses Gewimmels beherrschte immer noch die Kirche San Tomas den Platz. Auf den Steinstufen hinauf zum Eingang brannten in kleinen Feuern duftende Essenzen. Innen war es duster, spartanisch, rauchig. Alte Frauen rutschten murmelnd und auf Knien zum Altar und schwenkten dabei Weihrauchkessel.


San Tomas mag zwar eine katholische Kirche sein, so wie die Mehrheit der Bevölkerung katholisch sein mag. Aber in dieser Gegend mischt sich der Katholizismus in besonderer Weise mit den Riten der Mayas. Die Kirche wurde 1540 auf dem Platz eines Maya-Altars erbaut. Dort war es auch, dass ein spanischer Pfarrer den Popol Vuh „entdeckte“, ein Kompendium der Welt- und Lebensanschauung der Quichés, einer Untergruppe der Mayas. Die Schamanen arbeiten in der Kirche San Tomas genauso wie auf dem Friedhof oder auf dem Hügel Pascual Abaj außerhalb des Dorfs.

Am Sonntag standen Sonne und Mond gerade günstig, was etwa zweimal im Monat der Fall ist, und einige der 300 Shamanen des Ortes zelebrierten dort oben Bittriten, an einem 2000 Jahre alten Steinschrein auf einer Lichtung in einem Pinienwald. Sie rauchten dicke Zigarren, um sich zu reinigen, ordneten die Gegenstände, die sie je nach Auftraggeber für ihre Zeremonie brauchten, entzündeten kleine Feuer, in die sie Kerzen und Blumen warfen, die sie mit Essenzen mischten und mit Alkohol besprengten. Lebende Hühner wurden an diesem Tag nicht geopfert, aber es ist üblich. Die Shamanen, die Jeans und T-Shirt oder Anzug trugen, baten in ihrer Sprache murmelnd um Gesundheit, Liebe, Erfolg...


Das hätte ich vielleicht auch alles ganz gut gebrauchen können, aber eine junge Frau aus Chichi meinte, dass der Zauber nichts helfe. Sie hatte extra einen Shamanen engagiert, um einen ordentlichen Ehemann abzukriegen. Nach der Heirat entpuppte sich dieser als Säufer. Na danke. Ich hoffe, für mich gibt es da immer noch andere Wege.