Samstag, 20. Dezember 2008

Auf der Ikea-Abbiegespur


Prinzipiell ist ja Sommer in La Paz. Das heißt, es ist Regenzeit. Wo Regen ist, müssen Wolken sein, und die verdecken neuerdings immer wieder und immer öfter die Sonne. Und das wiederum heißt: Es ist immer wieder und immer öfter saukalt, denn es ist kalt, sobald die Sonne nicht scheint, auch wenn eigentlich Sommer ist.

Also war ich heute einkaufen: Hüttenfilzschuhe, Schafwolldecke, Alpaka-Pullover. Die Wärmflasche fürs Bett muss ich noch besorgen, das habe ich nicht mehr geschafft, weil mir in einem Laden die bolivianische Besitzerin aus dem chinesischen Horoskop die ideale Partnerschaftkonstellation herausgesucht und nebenbei einen einstündigen Plausch mit mir gehalten hat, während ich mit der dreijährigen Tochter spielen musste.

Was ich aber noch geschafft habe zu kaufen: einen festen hölzernen Lattenrost für die Matratze, die ich schon vorgefunden habe in meinem WG-Zimmer. Bin in das Viertel am Berg hinter dem Hexenmarkt, wo in jeder Straße eine Sorte Sachen angeboten wird: Elektrogeräte oder Schränke oder Spielsachen oder Sofas oder Eßzimmer oder Matratzen oder eben Betten.

Die Läden sind etwa halb so groß wie die Diele in der Schornstraße in München. Größer müssen die Geschäfte auch nicht sein, denn die Möbel, Elektrogeräte, Spielsachen und Matratzen stehen auf der Straße. Für den Regen, siehe oben, ist manchmal eine Plastikplane drübergespannt. Und vor jedem Möbelstück sitzt eine Alte und fragt: Was suchst Du?

Na ja, ich brauchte ein bisschen, bis ich gefunden habe, was ich suchte: An einer Hausecke stand der hölzerne Lattenrost in genau den Maßen, wie ich ihn wollte.

-"Verkaufst Du den auch einzeln?", fragte ich den Schreiner, der gerade an einem Bettgestell werkelte.
-"Ja, ja", antwortete er, hörte auf zu arbeiten und stellte sich zu mir vor den Lattenrost.
-"Und was kostet der?"
-"200", sagte er grinsend. Das sind etwa 23 Euro.
-"Nehm ich!"

Dem Schreiner verschlugs die Sprache. "Äh, ich rechne schnell aus, was er wirklich kostet", sagte er verdutzt und verschwand im Laden. Als er wieder auftauchte, verlangte er 350. Es war der Lattenrost für das Bett, an dem er gerade werkelte.

Die Verhandlungen waren aber nicht wirklich schwierig im Vergleich zu der Anstrengung, bei aufziehenden Regenwolken am Spätnachmittag ein Taxi mit Dachgepäckständer zu finden. Das Viertel besteht zwar nur aus Taxis im Stau. Aber die meisten Autos haben entweder schon eine Schrankwand auf das Dach geschnallt oder bleiben wegen eines Lattenrostes gar nicht erst stehen. Und da stand ich dann. Fast eine Stunde. Und dann stand ich da nochmal: im Taxi.

Letztendlich auch nicht anders als auf der Ikea-Abbiegespur.

Keine Kommentare: