Samstag, 1. November 2008
Todos Santos
Schon Tage vor Allerheiligen hatte die Semmelverkäuferin auf der Straße vor dem Markt einen Korb mehr neben sich stehen. Darin lagen männchenartige, unterarmlange Gebäckteile, die einen bemalten Gipskopf in ihre Teigschneckerl eingebacken hatten.
„Das isst man?“, fragte ich die dicke alte Frau mit den hüftlangen Zöpfen, dem Bowlerhut und den vielen Röcken. Sie saß am Gehsteig zwischen ihren Körben auf einem Schemel und hatte eine dicke Decke um die Schultern gewickelt. Wie üblich bewegte sie sich nicht und war auch nicht sehr gesprächig. „Ja“, sagte sie in den Straßenverkehr, ohne mich anzuschauen.
Ein bisschen Lokalkolorit für das Frühstück, dachte ich, und kaufte so ein Gebäckstück.
Die Kechua und Aymara bereiten ihren Verstorbenen an Allerheiligen auf dem Friedhof den Tisch. Neben den Gebäckmännchen kommt da alles drauf, was der Tote gerne gegessen und getrunken hat. Süßigkeiten fehlen in der Regel nicht, und auch nicht der Schnaps. Die Familie kommt am Grab zusammen, betet und singt, isst und trinkt den Gabentisch leer und bittet den Verstorbenen am Schluss, im nächsten Jahr wiederzukommen.
Allerdings hatte mir alte Frau nicht gesagt, dass man immer zwei Gebäckstücke kaufen muss: ein Männchen und ein Weibchen. Sonst irrt die verstorbene Seele allein auf Erden herum.
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1 Kommentar:
Hallo Uschi!!!!
Also das hätte mir früher immer viel besser gefallen, wenn wir zu den Gräbern gefahren sind mit den Eltern. Gemeinsam am Grab den Gabentisch leer essen und trinken. Und nicht jedes Jahr wieder im Regen oder SChnee da stehen und das dumme Gelaber der Pfarrer mitanhören. Juli hat ihre erste Martinsgans im Kiga gebacken und mir war sie auch fast zu schade zum Essen. Aber Julchen hat nicht lang gefackelt. keine 5 Minuten und weg war sie. Ich durfte sogar ein kleines Stück probieren. Gottseidank nicht das Stück mit der Rosine!!!!!!
Eltern sind wieder zu Hause seit WE.
Viele liebe Grüße
Gisela mit RAiner und Juli
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